Beethoven - der falsche Doktorand
Stahlmann
Gesucht! Joachim Stahlmann - Gramsch, Möchtegernverkehrsgast.
Von AH Gerhard Serges al. Präsa

In den Monaten April und Mai beschäftigte unsere beiden Verbindungen ein Mann besonders, Joachim Stahlmann.
Er versuchte sich als Verkehrsgast in die Marcomannia einzuschleichen, wie sich später herausstellte. Ein Anruf beim Verfasser dieses Artikels genügte. Schon war er auf dem April-Stammtisch zu Gast. CD Ruth Stumpe rief mich montags danach entsetzt an. Der Mann habe ein sehr eigentümliches Aussehen, ein ungepflegtes Äußeres, lange graue, krause Haare, schlechte Zähne. Wegen der Haare nannte ihn auch „Beethoven“.
In der ersten Phase rief er mich fast zu jeder Stunde an, aber immer von einem anderen ausgeliehenen Mobiltelefon. Sein Anschluß sei noch nicht gelegt. Sein Vater sei in einer Nienburger BDIC-Verbindung korporiert. Deswegen wäre er an uns gekommen.
Er kannte sich offensichtlich in der Verbindungsszene gut aus. Ursprünglich stamme er aus Wolfenbüttel und war bis 34 Finanzbeamter in Hannover. Um aber in den höheren Dienst zu kommen, benötigt man ein Studium. Also hätte ihn das Finanzamt dafür freigestellt.
Warum er 13 Jahre für das Studium brauchte, ist genauso abenteuerlich wie die ganze Geschichte. Mittlerweile 47 Jahre alt, angeblich frischer Absolvent einer Züricher Hochschule als „lic. oec“, würde er an der Frankfurter Uni promovieren und sei einer von 20 Stipendiaten. Als Tutor käme er an neue Studenten heran, die wir doch so dringend bräuchten.
Bembel besorgte ihm eine Wohnung in Fechenheim. Die Vermieterin wartet heute noch immer auf ihr Geld. Seine Bundesbrüder vom BDIC würden die Miete übernehmen.
Die Frau wartete ab. Beim Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte, wo ich ihn zum Stammtisch mitnahm, hat er dann ein Mitglied um € 3000,- erleichtert, weil er seiner Tochter über „seine Schweizer Stiftung“ (angeblich war er dort Stiftungsrat) ein Stipendium besorgen wollte.
Überhaupt schnorrte er sich in Frankfurt auf allen größeren Veranstaltungen durch: Marketingmesse, Besuch der Stadt Frankfurt im Römer und auf div. Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen.
Abenteuerlich waren auch seine Immobiliengeschäfte. In der ehemaligen Reblaus in Sachsenhausen wollte er Seminare abhalten für Stiftungsmitglieder und eine Wohnung sei angemietet. Balu und ich haben uns den Schwindel angesehen. Vor lauter Säulen im Lokal hätte man andere Seminarteilnehmer nicht gesehen und die Wohnung war eine Luftnummer.
Als Doktorand hatte er viel Zeit für wichtige Dinge nur nicht für „seine Doktorarbeit“. Recherchen an der Uni ergaben, daß er dort nicht bekannt war. Zweifel kamen auf. Der ganze Spuk dauerte von Anfang April bis Ende Mai. Ab dem 1. Juni, seinem Geburtstag, „er müsse noch mal zurück zu seinem Wohnort Lugano in der Schweiz und da war klären“, war er abgetaucht. Trotzdem sprechen wir noch viel darüber. Da hat uns jemand 2 Monate voll beschäftigt und uns schließlich hinters Licht geführt.
Die Bombe platzte dann, nach dem der Fall bei der Kripo zur Anzeige gebracht wurde. Besagter hatte wohl mehrere Verfahren laufen. In der Wohnung waren Dokumente waren Vorladungen, Rechtsanwalts-Schriftwechsel und Fahrkarten versteckt.
In Frankfurt hatte er Mietverträge unterschrieben, die nicht realisiert wurden. Kautionsforderungen von Maklern stapeln sich. Seinen Ausweis musste er nirgends vorweisen. Sein Antrag als Verkehrsgast wurde trotz Drängens mangels Vorlage des Ausweises und der verlangten Diplomurkunde nicht weiter verfolgt. Der Mann hatte einen Aktionsradius bis nach Frankreich hinein.
Nach Vorlage eines Bildes bei der Polizei hatten sie ihn gleich als Gesuchten gefunden. Er hatte schon mal eingesessen. Nach Angabe des Polizeibeamten erzählen sie sich in der Haft „Geschichten“, die dann später auf freiem Fuß ausprobiert werden. Solche Fälle nehmen anscheinend zu.
Der Fall wird unter der Vorgangsnummer: ST/0795202/2005 Stahlmann-Gramsch geführt. Zuständig ist das Dezernat K32, Tel. 069 / 755 53 208.